Führung in der neuen Welt des Arbeitens – Michael Bartz / derStandard

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Damit Vertrauen und Kontrolle in einer gut organisierten Balance gehalten werden

Die neue Welt des Arbeitens bringt viele Veränderungen mit sich. Einige Personen sind weniger betroffen, andere wiederum bemerken den Change sehr deutlich – unter ihnen die Führungskräfte.

Wesentlicher Treiber der neuen Arbeitswelt ist der Wunsch der Mitarbeiter nach erhöhter Flexibilität. Für viele Führungskräfte bringt das großen Wandel mit sich: Führung von Mitarbeitern, die zumindest Teile ihrer Arbeit an anderen Orten als im Büro erledigen; Leitung von Teams, deren Mitglieder ihre Arbeitszeit selbst einteilen und dadurch vielleicht erst spätabends vor ihrem Rechner sitzen; Management von Personen, die fast gar nicht im Büro sind. Doch die räumliche und zeitliche Flexibilität ist nur ein Aspekt dessen, wie sich die neue Welt der Arbeit auf Führung auswirkt.

Mehr Projektarbeit

Ein anderer ist die Zunahme von Projekten. Peter McDonald, Direktor des Österreichischen Wirtschaftsbundes und geschäftsführender Obmann der Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft (SVA): „Die (Zusammen-)Arbeits- und Führungskultur in Unternehmen ist grundlegend im Wandel. Hin zu einer Kultur, in der Projekte immer mehr an Bedeutung gewinnen, in denen Mitarbeiter und Kleinstunternehmer gemeinsam in Netzwerken zusammenarbeiten.“

Die Spannung zwischen Linie und Projekt wird spürbarer. Für Mitarbeiter ist das vielleicht nur ein Arbeitspaket, das sich von ihrer normalen Tätigkeit unterscheidet, und die Tatsache, dass sie mit anderen Personen als ihren Abteilungskollegen zusammenarbeiten. Für Führungskräfte bedeutet es, dass Mitarbeiter bei Themen und Tätigkeiten mitwirken, die sich außerhalb ihres eigenen Einflussbereiches befinden, und somit Aufgaben erfüllen, die die Führungskraft kaum beurteilen und bei denen sie auch keine Weisungen und Aufträge erteilen kann. Wie aber die Leistung dieser Mitarbeiter am Jahresende bewerten? Welche Auswirkungen hat das auf die Ziele, die man als Führungskraft seinen Mitarbeitern am Jahresbeginn gibt? Was bedeutet das für die Zusammenarbeit?

Mehr Freiräume

Brigitte Ederer, Aufsichtsrätin der ÖBB Holding, ÖIAG, Infineon bzw. Boehringer Ingelheim: „Mehr Flexibilität schafft Freiräume für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Diese Flexibilität erfordert allerdings Eigenverantwortung seitens der Mitarbeiter. Hier sind Bewusstmachung und Training ebenso gefragt wie Führungskräfte, die im vorgegebenen rechtlichen Rahmen offen mit diesen Themen umgehen und Rollenmodell sind.“

Eine besondere Herausforderung liegt für Führungskräfte im Spannungsfeld von Vertrauen versus Kontrolle. Die Tatsache, dass autoritärer und rein hierarchischer Führungsstil heute nicht mehr opportun ist, hat damit wenig zu tun. Hier geht es schlichtweg darum, wie man Personen und Teams managen kann, die räumlich, zeitlich, abteilungsübergreifend und oftmals auch inhaltlich anders arbeiten, als sie das noch vor kurzem getan haben. Denn natürlich sind Führungskräfte auch in der neuen Welt der Arbeit für ihre Mitarbeiter in vollem Umfang verantwortlich. Hier geht es insbesondere auch um den Aspekt der Mitarbeitergesundheit. Denn was sich auf der einen Seite als hohe Flexibilität bei Ort und Zeitraum der Arbeit ausdrückt, zeigt sich auf der anderen Seite als Burn-out-Risiko und Gefahr der Überforderung, wenn Mitarbeiter Privat und Beruf zu sehr vermischen und dadurch ihre eigenen Ruhezeiten aufs Spiel setzen. Doch auch hier gilt: Wie stellt man diesen dauerhaften Stress bei Mitarbeitern fest, wenn man sie nicht mehr täglich zu Gesicht bekommt und diese Veränderungen daher nicht mehr so leicht ersichtlich sind?

Vertrauen versus Kontrolle

Eine mögliche Lösung liegt darin, die individuellen Ziele der Mitarbeiter so granular zu gestalten, dass sie bereits nach kurzer Zeit überprüfbar sind. Die Herausforderung liegt also darin, die Ziele messbar zu machen und in nachvollziehbare Einheiten mit möglichst klarem Abschluss zu verwandeln. Die Jahresziele werden also in kleine Häppchen aufgeteilt. Auf diese Weise reduzieren Führungskräfte das Risiko, dass ihre Mitarbeiter ausbrennen und sie dies nicht bemerken. Und sie verhindern Fälle, in denen mit flexibler und individueller Wahl von Ort und Zeit Schindluder getrieben werden kann. Denn das erwähnte Spannungsfeld von Vertrauen versus Kontrolle bedeutet, dass man als Führungskraft darauf vertraut, dass sich Mitarbeiter ihre Zeit so einteilen und ihren Arbeitsort mit Bedacht so wählen, dass Leistungen weiterhin mit größtmöglichem Erfolg erbracht werden können.

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